Unverhofft kommt oft

Ja, so wie ihr Digi und Seffi es im letzten Kommentar beschrieben habt, kommt unverhofft bei uns wirklich oft. Auch die letzten Tage war es wieder so. Aber bevor ich in Details gehe, möchte ich mich wieder einmal von Herzen für eure tollen Kommentare, guten Wünsche und positiven Reaktionen bedanken. Sie erfreuen und berühren uns sehr. Tommy, bei dir ist ja ein richtiger Philosoph verloren gegangen. So schön! Muchas, muchas gracias !

Unverhofft kommt oft. Manchmal kommt es mir vor, als wäre Leo der Häuptling des Familienclans und in der Umgebung. Die Leute hören auf ihn oder suchen seinen Rat. So kam es, dass am Mittwoch der Bruder zu uns gerannt kam, um mitzuteilen, dass es dem Papa Alirio nicht gut geht und er auf der rechten Seite, in der nähe des Blinddarms, so starke Schmerzen verspürte, dass er sich sogar übergeben musste. Dieses Mal wagte er es nicht mit dem roten Göppel und ohne Bewilligung, los zu fahren. Leo rief also die Ambulanz und schon bald stattete er erneut, mit seinem Vater, einen Besuch im Spital von Baños ab. Diagnose, Verdacht auf Nierenstein. Da zu dieser späten Stunde keine Ultraschalls durchgeführt wurden, entliessen sie Alirio mit starken Schmerzmitteln. Dank den vielen Kontakten die Leo hat, konnte er einen Taxichauffeur erreichen, der trotz Ausgangssperre gewillt war, zu später Stunde noch nach Rio Negro zu fahren. Langsam aber sicher wird diese Ausgangssperre schon sehr mühsam. Vor allem bei solchen Zwischenfällen.  Gegen Mitternacht waren sie wieder zu Hause und konnten sich kurz ausruhen, bevor es dann um 7 Uhr wieder mit dem Taxi erneut ins Spital nach Baños ging. Dort konnte Alirio den Ultraschall machen lassen. Der Verdacht auf Nierenstein hatte sich nicht bestätigt. Die Ärzte meinten, es wäre eine starke Infektion der Nieren. Wisst ihr was das absolut verrückteste ist? Diese Infektion kommt sehr wahrscheinlich davon, dass er Tags zuvor Pestizide um sein Land gespritzt hat. Ja, sie haben Panik vor Covid, aber jeder hier glaubt, dass die Pflanzen nur mit Pestiziden richtig gedeihen. Die Häuser werden mit Asbest gebaut und ohne Schutzmasken abgebrochen. Aber bei diesem Virus tragen nun alle Masken, auch mitten in der Natur. Viele haben sich jetzt auch Ganzkörperanzüge zugelegt. Es wird immer absurder…Ausserdem hat der Präsident die Ausgangssperre bis zum 15. Juni verlängert. Viele Reiseführer oder Touranbieter, welche Leo kennt, stehen vor dem Nichts. Ein Reiseführer verkauft jetzt Tomaten, andere Poulet oder Bananen. Baños, welches von 1 Mio. Touristen Jährlich lebte, muss umdenken und neue Wege finden. Touristen werden für längere Zeit nicht mehr kommen und wegen des Landesstreiks im Oktober ging es schon vielen vorher schlecht. Es ist Zeit für neue Ideen und Visionäre. Ich bin gespannt und hoffe sehr, dass aus all dem neue Chancen und Neuanfänge entstehen können und, dass die Familie Alvarado vielleicht jetzt etwas weniger Pestizide benutzt…

An Visionen und Ideen mangelt es dem «Häuptling» Leo nicht. Ich spüre, dass er immer mehr zurück in seine Kraft kommt und vermehrt sein «altes» Wissen wieder abrufen kann. So nahm er die im zweiten Stock noch nicht installierte Badewanne nach unten und bastelte ein provisorisches Gestell, damit ich nun jeden 2-3. Tag ein heisses Ingwerbad geniessen darf. Der weisse Ingwer oder die sogenannte Schmetterlingslilie und auf lateinisch  Hedychium coronarium genannt, wächst bei uns wie Unkraut in unserem Wald. Dieser Ingwer ist entzündungshemmend und auch seine Blüte kann verzehrt werden (bei uns ist alles Bio und Pestizide sind auf unserem Land strengstens verboten). Das heisse Bad mit dem Ingwer ist unglaublich wohltuend und meine Schmerzen bei den Hüften sind nun praktisch weg. Auch hat meine Hebamme mir einen Heilkräutertee verschrieben, den ich täglich trinken soll. Ruckzuck hat Leo all diese Blätter und Kräuter in unserer Umgebung gefunden und der Tee schmeckt wirklich sehr gut.

Leo ist jetzt auch unter die Spielzeugbauer gegangen. Da wir ja nur wenige Spielsachen für Inti haben und wir nur Lebensmittel einkaufen können, hat er kurzerhand aus den Resten Neues kreiert. Der neue Bagger von Inti muss überall hin mitkommen und ist der neuste Stolz unseres kleinen, grossen Jungen. Aber das absolute Highlight ist natürlich der elektrische Fadenmäher. Ein Mäher bei dieser wilden Natur ist hier unverzichtbar. Inti hat, dank dem er nicht viele Spielsachen hat, immer fiktiv herumgemäht. Jetzt hat er einen «echten» und mäht das fiktive Gras in unserem Wohnzimmer täglich ab. Er nimmt seine Aufgabe sehr ernst. Auch baut Inti aus Kissen und Decken seine Küche mit der er uns köstliche Spiegeleier brutzelt, schnelle Autos baut, mit Booten um die Weltmeere (oder nach Baños) fährt, Kranen und wilde Pferde etc. werden auch daraus kreiert. Der Rücken des Papi dient als Rutschbahn und seine Phantasie kennt keine Grenzen. Es ist inspirierend und bereichernd  ihm zu zuschauen.

Auch Leos Phantasie und Kreativität scheint grenzenlos zu sein. Momentan schreibt er ein Buch und komponiert neue Songtexte und Lieder. Auch haben wir nun endlich eine akustische Gitarre auftreiben können. Jetzt müssen Leo und Inti keine «Luftgitarren» mehr spielen sondern sie können auch musikalisch ihr Potential entfalten.

Was momentan auch wunderschön zu beobachten ist, sind die vielen bunten Vögel, die Kolibris die vor userem Eingang hermuschwirren und die einzigartigen, Schmetterlinge. Eine wahre Farbenpracht. Habt ihr schon einmal einen schwarzen Schmetterling gesehen? Einfach wahnsinn, was für eine Vielfalt Mutter Natur oder wie hier die Menschen sagen «Pachamama» bietet. Leider haben wir keine gute Fotokamera um diese Spektakel zu fotografieren. Auch der Vollmond diese Woche war der schönste, den ich je gesehen hab. Auch da gibt es leider keine guten Fotos aber eine kleine Ahnung wie es in etwa war.

Ich bin ja gerade auch in der Metamorphose und brüte fleissig das Baby aus. Bin dann  schon froh, wenn ich diesen grossen Bauch gegen das Baby im Arm tauschen kann. Ach ja, und Babykleider konnten wir nun auftreiben und auf der Fahrt in der Ambulanz und im Spital konnte Leo die nötigen Informationen zu der bevorstehenden Geburt abklären. Die Ambulanz ist sehr gut für Gebärende ausgerüstet und auch in Baños scheint es nicht all zu schlecht zu sein. Leider dürfen wegen Covid-19 Privatkliniken momentan keine Geburten durchführen. Daher bin ich sehr zuversichtlich, dass meine Hausgeburt mit meinen drei Hebammen so zustande kommen kann, wie ich es mir aus tiefstem Herzen wünsche. Drückt mir die Daumen 🙂 Auf jeden Fall freue ich mich sehr auf die baldige Geburt und natürlich auf unser Baby.

Ich wünsche euch, dass auch ihr eure Kreativität, Potentiale und Chancen in dieser Zeit entdecken könnt, damit wir gemeinsam eine neue Welt erschaffen, die auch für unsere liebe «Pachamama» und uns im Einklang ist.

Beste Grüsse aus Ecuador und hebed Sorg

Nein, es sind keine Zwillinge…

Fadenmäher im Aufbau

Rozadora oder Fadenmäher

Leo der Spielzeugbauer

Supervollmond. Leider hat unsere Handykamera die wahre Schönheit nicht ablichten können

Darum müssen die Bananen grün gepflückt werden. Die Vögel sind sonst schneller…

Darum müssen die Bananaen grün gepflückt werden. Die Vögel sind sonst schneller…

Gemüsehändler in Vollmontur

Einer von vielen