Die reichsten Menschen der Welt

Wie die reichsten Menschen der Welt, so fühlten wir uns bei unserer Heimkehr. Nicht nur besassen wir ein Haus mit Garten und wunderbarer Aussicht, sondern wir waren sogar stolze Besitzer eines weissen Mercedes Benz. Nein – Spass bei Seite. Den Mercedes durfte Inti für einen Tag von der gegenüberliegenden Nachbarin ausleihen. Aber es ist schon ein krasser Kontrast zu den wenigen selbstgemachten Spielsachen aus Ecuador, hin zur Fülle an Spielsachen und unzähligen Büchern. Inti hatte gefühlte 1000x unsere 6 mitgebrachten Bücher aus der Schweiz durchgelesen. Im Haus unserer Freunde in Eschenbach fand er sich aber im Kinderbuchparadies wieder. Er konnte sich nicht satt sehen. Stundenlang bestaunte er die kreativen und tollen Bilderbücher.

Ja, wir wurden herzlich und warm willkommen geheissen. Echte, liebevolle, herzliche, grosszügige, hilfsbereite Menschen umgeben uns hier und wir können unseren «Reichtum» an tollen Menschen um uns und unser Glück kaum fassen. Nora und Mättu überliessen uns ihr Haus, ihren Garten und den Vorratskeller. Wir durften uns wie zu Hause fühlen und das taten wir auch. Wir danken euch von ganzem Herzen für euer Vertrauen in uns und für eure Freundschaft und die unglaubliche Grosszügigkeit.

Als wir am Sonntag 13.09.2020 nach der Quarantänezeit, in die «Freiheit» entlassen wurden, holte uns mein Vater ab. Meine Eltern hatten eine grosse Überraschung für uns geplant. Unsere Wohnung war schon wieder komplett eingerichtet. Die Betten bezogen und das Wohnzimmer in ein wunderschönes Spielzimmer umgewandelt. Sogar neue Möbel standen für die Spielsachen bereit. Wahnsinn. Was für eine liebe Geste. Meine Mutter hatte auch schon ein grosses Frühstücksbuffet vorbereitet. Feinen selbstgemachten Zopf, selbstgemachter Konfitüre, feinem Käse, Fruchtsalat mit Früchten aus der Region usw. standen auf dem Tisch. Nochmal ein grosses, grosses Dankeschön an meine lieben Eltern für diese gelungene und tolle Willkommens-Überraschung.

Kurz aus dem Fenster geschaut, erblickten wir ein grosses ans Fenster geklebte Willkommensplakat unserer Nachbarn. Auch diese Überraschung war geglückt. Vielen Dank liebe Anna und lieber Stefan.

Auch alle weiteren Begegnungen und Willkommensgrüsse und Überraschungen waren wunderschön und wir versanken in tiefer Dankbarkeit. Dankbar für so viele unzählige liebe Menschen in unserem Leben. Dankbar für all die Liebe, Hilfe und Unterstützung, welche wir erfahren durften. Dankbar, wieder in der Schweiz zu sein und immer noch eine Arbeitsstelle zu haben. Leo und ich durften zu unseren Arbeitgebern zurück. Absolut keine Selbstverständlichkeit. Leo hat gleich nach der Quarantäne am 14. September wieder als Zimmermann gestartet und ich hatte am Mittwoch 23.9 meinen ersten Halbtag bei der ilu AG. Über 10 Monate haben unsere Chefs auf uns gewartet und die Stelle frei behalten. In welchem Land ist dies sonst noch möglich? Ausserdem wurde ich mit Blumen und einem grosszügigen Geburtsgeschenk für Amaru im Büro überrascht. Ich kann nicht genug betonen, wie viel Glück wir haben und wie dankbar wir sind.

Aber natürlich hatten wir auch einen Kulturschock. Als wir das 1x auf die Strasse gingen, meinten wir mit Schrecken, dass wir die Schutzmasken vergessen hätten. Dann realisierten wir, dass wir ja in der Schweiz sind und diese nur v.a. im ÖV benützen müssen. Überglücklich liefen wir tief durchatmen durch die Stadt. Dann kam der Moment für Inti als er das 1.x seit über 6 Monaten wieder auf einen Spielplatz konnte. In Ecuador waren diese ja seit dem Beginn der Pandemie durchgehend geschlossen. Die vielen Kinder waren ihm zu viel. Wir waren ja Zeitweise wirklich alleine und er hatte über viele Monate keinen Kontakt zu anderen Kindern. Er klammerte sich nur an mein Bein und schaute den spielenden Kindern zu. Nicht nur die Jungs waren von den vielen neuen Eindrücken überfordert, sondern auch wir. Nur schon in die blitze blanke Migros rein zu spazieren und diese unzähligen Möglichkeiten an Produkten und das perfekt aussehende Gemüse und die Früchte zu sehen, überwältigten mich. Wo bleibt denn da noch das natürliche? Die Schweiz erschien uns extrem steril, leise und sauber.

Auch das Einschlafen klappte nicht mehr so toll wie vorher. Da musste eine Lösung her. Die Nacht bei uns im Quartier ist extrem ruhig. Also lassen wir ab jetzt immer unsere Aufnahme der Nachtgeräusche aus Ecuador laufen und so lässt es sich «lebendiger» schlafen. Sehr viele Veränderungen prasselten in kurzer Zeit auf uns hinein. Wir müssen etwas geduldiger sein mit uns, und hoffen, dass sich unser Familienleben dann schon irgendwann einpendelt.

Ich bin froh, verstehen viele unsere Überforderung, auch mit einem Kleinkind und einem Baby. Und auch da möchte ich nochmals betonen. Wir sind die reichsten Menschen der Welt. So viele liebe Freunde, Bekannte und meine Familie unterstützen uns wo es geht. Danke, dass ihr alle unser Leben mit eurer Anwesenheit so reich beschenkt.

Und nun wollt ihr sicher noch wissen, wann wir wieder nach Ecuador reisen? Wir durften wunderbare, abenteuerliche 10 Monate in Ecuador verbringen. Leider war der Aufenthalt für Inti nicht immer ganz einfach. Auch weil es im Dorf und wegen Covid-19 keinen Austausch mit Kindern gibt und gab. Wir haben gemerkt, dass die Ecuadorianer sehr kinderfreundlich sind, aber die Kinder nicht gefördert werden. Das breite und grosse Angebot, welches die Schweiz für unsere Kinder bietet ist einfach überwältigend. Daher ist für uns jetzt klar, dass solange unsere Kinder in die Schule gehen, das Thema Auswandern in den Hintergrund gerückt ist. Aber wer weiss was die Zukunft bringt?

Wir geniessen es nun wieder hier zu sein und unsere kleinen und grossen Projekte Schritt für Schritt zu verwirklichen.

Wir hoffen, viele von euch bald wieder anzutreffen und wünschen euch einen farbenfrohen Herbst