Oh Baby, Baby und weitere Neuigkeiten

Oh Baby, Baby…Schon Halbzeit. Einige von euch wissen es schon, im Juni kommt unser zweites Kind auf die Welt.

Wie ist es denn so, schwanger zu sein hier in Ecuador? Wie alles hier birgt auch jede Schwangerschaftskontrolle sein erstaunliches und überraschendes. Immer und immer wieder werde ich von den Ärzten gefragt, ob denn Leo wirklich der Vater meiner Kinder ist. Bei Inti kann das wohl niemand verneinen. Sind wir also gespannt ob das zweite Kind eher wie der Postbote aussieht 😉 Auch wird bei jeder Kontrolle gefragt, ob es ein Unfall war oder ob die Verhütungsmittel versagt haben… Die Schwangerschaften sind hier selten geplant und bei meiner ersten Kontrolle im Sub-Centro war vor mir eine Frau, die schon im 5. Monat schwanger war und bis Dato nichts von ihrem «Glück» gewusst hat… Das kommt hier öfters mal vor. Auch das mit der Verhütung nehmen die Frauen hier manchmal nicht so ernst. Eine Freundin von uns hat erzählt, dass sie manchmal 3 Tage die Pille vergessen hat und dann halt 3 Pillen an einem Abend schluckte oder mal einen Monat Pause machte, dann wieder einen Monat die Pille nahm usw…also, sie ist jetzt auch wieder ungeplant schwanger…Die gleiche Freundin wurde mit 13 Jahren von einem Bekannten der Mutter vergewaltigt. Auch dies ist hier leider keine Ausnahme. Zum Glück kam dieser Mann für einige Jahre ins Gefängnis aber heute hat er mit bald 60ig eine 20 Jährige Ehefrau… Das Baby meiner Freundin, dass jetzt im März auf die Welt kommt, hat also eine 17 jahre ältere Schwester. Verhütung ist hier Sache der Frau, die meisten Männer kümmern sich nicht darum. Auch lassen sich die Frauen heute meistens nach dem 3. Kind unterbinden. Bei den Männern ist eine Vasektomie kein Thema. Auch ist wie klar, wenn junge Mädchen eine Beziehung eingehen, dann endet diese mit grosser Wahrscheinlichkeit in einer Schwangerschaft. In der Schule werden sie schon aufgeklärt aber eben, aus welchen Gründen auch immer, fruchtet diese Aufklärung und abgaben von Gratis-Kondome, nicht. Laut einer Studie von Ende Dezember 2019, liegt Ecuador in Südamerika auf dem 1. Platz was Schwangerschaften zwischen 10-19 Jahren angeht. Mit der neuen Regierung wurden auch die Gelder für Aufklärungskampagnen gestrichen. Das Durchschnittsalter der Frauen mit ihrem ersten Kind liegt hier bei 21 Jahren. In der Schweiz sind wir bei einem Durchschnittsalter von 32 Jahren angelangt. Erwähnenswert sind auch die Geburten zwischen 40 und 48 jährigen Frauen. Diese Betragen hier immer noch 3%. 12 Kinder oder mehr sind in armen Bauernregionen die Normalität. Was ich aber bei den jungen Frauen hier in Rio Negro beobachte ist, dass sie nur noch ein Kind haben möchten und sich bewusst gegen mehr Geschwister entscheiden. Das zweite hat meistens dann 6 Jahre oder mehr Unterschied, was eben oft wieder aus «Unfällen» entsteht. Lustig finde ich auch, dass die Leute uns früher immer erstaunt gefragt haben warum wir denn noch keine Kinder haben und jetzt da Inti neben uns spaziert und ich mit meiner Kugel herum laufe, sind die Leute überrascht wie «schnell» wir schon ein zweites Kind haben wollten. In der Schweiz sind 2.5 Jahre oder mehr Unterschied dann schon wieder «spät». So verschieden sind die kulturellen Denkweisen.

Zurück zu den Schwangerschaftsuntersuchungen. Im Sub-Centro in den kleinen Dörfern wie Rio Negro sind sie nur minimal ausgerüstet. Sie messen das Gewicht, die Grösse und den Blutdruck der Mutter und haben ein Hörapparat um den Herzschlag des Babys zu hören. Im Sub-Centro war ich plötzlich 1cm grösser als in der Schweiz und um einiges schwerer. Sie nehmen es hier auch nicht so genau… Die Ärztin hat mich gebeten einmal pro Monat vorbei zu schauen um diese Kontrollmessungen vorzunehmen. Einen Monat später bin ich nicht zur Kontrolle gegangen, da ich es nicht für nötig empfunden habe. Hier macht man keine Termine, man geht einfach ins Sub-Centro und sitzt Schlange bis man dran kommt. Das war mir zu blöd, daher wollte ich in einer Privatklinik die weiteren Untersuchungen durchführen gehe. Eines Tages stand die Tante vor der Türe und rief nach meinem Namen. Ich ging nach draussen und sie meinte, dass mich die Polizei suchte. «Was hab ich denn angestellt», fragte ich mich? Es stiegen 3 Polizisten und zwei Krankenschwestern aus dem Polizeiauto aus. Ich sei nicht zur Kontrolle im Sub-Centro erschienen, daher kommen sie mich jetzt zu Hause (be-)suchen. Sie haben den Blutdruck gemessen und sich nach meinem Empfinden erkundigt, ob ich die Vitamine einnehme usw. und ich solle doch bitte nächsten Monat im Sub-Centro erscheinen und unbedingt die Urinprobe und die weiteren Untersuchungen vornehmen. Ansonsten kämen sie dann wieder mit der Polizei vorbei. Diese Regelung, die schwangeren Frauen zu Hause aufzusuchen, gilt seit einigen Monaten. Für Frauen die an abgelegenen Orten wohnen ist das sicherlich sinnvoll und hilft die Sterblichkeit zu verringern. Einen Schrecken hats mir im ersten Moment trotzdem eingejagt. Warum sie mit drei Polizisten und dem Polizeiauto vorbei kommen hat den einfachen Grund, dass in Rio Negro nie irgend etwas passiert und die Polizisten etwas Abwechslung zu den täglichen Strassenkontrollen brauchen. Sie haben hier, Gott sei Dank, wirklich zu wenig zu tun…Auch sind die Polizisten zum Schutz der Krankenschwestern dabei und das Sub-Centro hat kein eigenes Auto.

Abgesehen vom Sub-Centro. Was gibt es noch? Das Spital in Baños oder Puyo. Dort wird das nötigste untersucht und ist gratis. Das Schlangesitzen ist dementsprechend lange. Wenn kein Notfall vorliegt, kann es schon mal 4h Wartezeit geben. Zu welchem Privatarzt sollte ich nun gehen? Zwei Freundinnen haben mir von einer russischen Gynäkologin abgeraten. Bei der einten Amerikanerin hat sie im 3. Monat Zwillinge diagnostiziert. Als sie kurz darauf in die USA zurück reiste, war nur ein Baby ersichtlich und ein Abgang war ausgeschlossen. Bei meiner anderen Freundin diagnostizierte die gleiche Ärztin im 6. Monat Zwillinge. Geboren hat sie dann auch nur eins. Ok, zu ihr wollten wir nicht. Uns wurde empfohlen zuerst zu einem Spezialisten für Ultraschall zu gehen. Dafür fuhren wir extra nach Pelileo. Eine Autofahrstunde von uns entfernt. Auch dort galt das Prinzip: Kommen und in die Schlange sitzen. Wir warteten etwa eine Stunde bis wir in ein dunkles Zimmer geführt wurden wo der Ultraschallexperte mit lauter Latinomusik auf uns wartete. Rukzuck war das Baby vermessen, die wichtigsten Daten notiert und der Bericht geschrieben. Es dauerte gerade mal 15min. bis wir wieder draussen waren. Danach fuhren wir zurück nach Baños. Wir gingen zu einem normalen Hausarzt, welcher auch Blut und Urinproben analysiert. Mit all den Resultaten fuhren wir dann zu der einzig anderen privaten Gynäkologin in Baños. Sie begutachtete die Ultraschallbilder und die Resultate. Zu unserer grossen Freude war alles in bester Ordnung. Dass auch sie fragte ob Leo wirklich der Vater von unseren Kindern war, erstaunte mich nicht mehr, aber dass sie hier 3x in der Schwangerschaft ein Aids Test anfordern, umso mehr. Sie meinte, seit viele Flüchtlinge aus Venezuela hier her kommen, sei die Aids-Rate gestiegen und wie zu vermuten lässt, sind die Ecuadorianer leider nicht gerade die treusten…

Wie ist es mir denn bis jetzt in der Schwangerschaft ergangen? Bis ca. zur 16 Schwangerschaftswoche war mir Tag täglich fürchterlich übel, eine Übelkeit die mich richtig lahm gelegt hat. Auch das Erbrechen kam nicht zu kurz aber es war in keinem Verhältnis wie bei Inti. Leider konnte ich Dank der Übelkeit praktisch keine Früchte essen, das gleiche galt für unsere Hauseigenen Bananen. Jetzt geniesse ich die Früchte umso mehr und kann am Leben hier richtig teilnehmen. Aber schon bald kam der nächste Dämpfer. Vor mehr als einer Woche hatte ich Blutungen und gefühlte Wehen. Also gingen wir ins Spital. Dort mussten wir glücklicherweise nicht lange warten. Die Gynäkologin notierte alles und bat mich dann, mich bereit zu machen für die Kontrolle. Während ich in der Umkleidekabine war, hörte ich sie lautstark mit ihrer Tochter telefonieren. Sie erklärte gemütlich was es alles in ihrem Kühlschrank gibt, und was sich die Tochter zum Nachtessen kochen könnte. Ich war schon längst am Däumchen drehen, bis sie mich dann zur Liege bat. Dort befand sich noch ein Blutbeflecktes Laken. Sie kam aber meiner Bitte nach, es zu wechseln…Ja, in solchen Momenten überkommt mich das Heimweh und ich vermisse unseren Standard und die Professionalität. Sie verschrieb mir komplette Bettruhe und Hormone, machte aber keinen Ultraschall. Als zwei Tage später die Blutung wieder kam, wollte ich nicht mehr ins Spital. Es blieb mir also nur die russische Ärztin. Sie war für ecuadorianische Verhältnisse sehr gut ausgerüstet und ihre Tochter hat sogar in der Schweiz studiert. Sie kannte also die Schweiz und unsere Verhältnisse. Sogleich machte sie einen Ultraschall und dort war, Gott sei dank, alles in bester Ordnung mit unserm Kind. Nein, es sind keine Zwillinge ;). Aber sie sagte uns, dass Wehen feststellbar sind und ich für eine Woche absolute Bettruhe einhalten solle. Weitere Medikamente kamen dazu. Was macht man also mit so einer Mitteilung? Genau, man macht das Beste draus. Eeeendlich hatte ich Zeit um meine Bücher zu lesen. Danke lieber Jochen für dein Buch «Der träumende Delphin», danke lieber Burk für das Buch deines Bruders «Abenteuer Glück, die Reise zum Ursprung». Bitte richte ihm aus, das ich es genial finde und ich vieles daraus lernen durfte. Danke liebe Susanne für dein Praxisbuch und danke allen für die lieben Genesungswünsche.

Danke lieber Leo, dass du mich sooo gut in jeder Lebenssituation unterstützt und du dich so geduldig und liebevoll unserem Sohn hingibst. Die Beziehung der beiden ist durch diese wöchentliche Bettruhe noch mehr zusammengewachsen und Inti ist jetzt schon ein super Laufvelofahrer. Danke an das Leben, dass wir momentan diese Auszeit geniessen dürfen und wir uns so viel Zeit füreinander nehmen können. Zur Ruhe kommen, Familienzeit, ein grosses Geschenk. Vorgestern lagen wir in unserem Bett und schauten aus dem Fenster und erblickten Millionen von Sternen. Leo und mich überkam eine tiefe, grosse Dankbarkeit. Danke an alle die uns auf dieser Reise unterstützen, an uns denken und mit uns sind. Alles ist wichtig und richtig so wie es gerade ist.

Wir vier grüssen euch alle herzlich

Besuch, Silvester und Umzug

Francesca und Marcello aus Kriens sind kurz nach Weihnachten im Land der Vulkane, Bananen und Mangos gelandet. Nach einem kurzen Aufenthalt in Quito machten sie sich auf den Weg nach Baños. Dort begrüssten wir sie herzlich und nach zwei Monaten ohne Schweizer Kontakt genossen wir ihre Präsenz umso mehr. Sie waren richtig in Ferienstimmung und wir sogen ihre gelassene, relaxte Energie richtig auf. Es bereitete uns riesen Freude sie in unsere «Welt» einzuweihen und ihnen zu zeigen woher Leo ursprünglich kommt und wer seine Familie ist. Leo durfte nach so vielen Jahren endlich wieder eine Tour durch den Dschungel leiten und alte Zeiten aufleben lassen. Silvester verbrachten wir zusammen in Baños. Dort verkleiden sich die Männer als Frauen. Diese nennt man «Viudas». Sie tanzen für Geld sehr freizügig vor breitem Publikum oder auf den Autos. Auch veranstalten diese «Frauen» überall Strassensperren und lassen die Autos erst durch, wenn der Fahrer Geld gibt. Unsere Fahrt von Rio Negro nach Baños dauerte daher fast 1.5h statt den normalen 30 min. Überall in Baños wurde laut Musik gespielt, auch Livebands waren vor Ort. Eine Dezibel Limite gibt es hier in Ecuador nicht. Auch will sich hier niemand Neujahr entgehenlassen, also wird sein wenige Wochen altes Baby oder das Kleinkind einfach mitgenommen. Ohrenschutz? Gibts hier nicht. Unvorstellbar bei uns mit Baby im Getummel und dröhnendem Lärm bis über Mitternacht Party zu machen oder? Für Neujahr werden Puppen, sogenannte «Años viejos» und aufwändige Figuren hergestellt. Um 12 Uhr werden diese Verbrannt. So sollen die schlechten Energien und Geister des alten Jahres niedergebrannt werden. Kurz vor 12 Uhr fing es in Baños an heftig zu regnen. Die Figuren wollten einfach nicht brennen, dann muss halt mit Benzin nachgeholfen werden. Tradition ist es auch, über die brennenden Puppen zu springen. Leider ist der 4 jährige Sohn der Cousine von Leo ins Feuer gefallen und hat sich so das Gesicht und die Hand verbrannt. Anstatt ausgelassen in das neue Jahr zu feiern, verbrachten sie den Rest der Nacht im Spital. Es geht ihm den Umständen entsprechend besser. Sie können ihn nun zu Hause pflegen.

Am 1.1.2020 sind Fränzi und Mäsi als erste Gäste in unser Haus gezogen. Sie durften sozusagen unser Haus einweihen. Am 2.1 war es dann soweit und auch wir zügelten unsere 7 Sachen in unser Eigenheim. Wahnsinn. Ich konnte es kaum glauben. Unser Traum wurde Wirklichkeit. Es war so schön nachts im Bett zu liegen und mit offenem Fenster den Geräuschen unseres eigenen Landes zu lauschen. Zirpende Grillen, quackende Frösche, singende Nachtvögel, gurgelnde Bächlein und wenn man genau hin hört, meint man sogar die Pflanzen wachsen zu hören, da die Natur so dicht und so kraftvoll ist. Das Beste ist aber, dass wir den tosenden Regen nicht mehr hören, nur das sanfte tröpfeln auf die Blätter der Bäume. Was mir am Besten gefällt an unserem Haus ist die Dusche. Nach 2 Monaten konnte ich endlich wieder eine richtige, europäische Dusche geniessen. Dann spüre ich einfach nur Dankbarkeit.

Nach einer Woche mit uns, sind unsere Freunde weitergezogen. Schweren Herzens haben wir Abschied genommen. Wir merkten, dass wir dank ihnen auch entspannen konnten und wie viel Freude es uns bereitet Leute in dieses faszinierende Land einzuweihen. Also, wenn jemand Lust hat uns spontan zu besuchen. Wir haben ein Zimmer frei, eine tolle Dusche und wir können euch garantieren, dass es euch nicht langweilig wird bei uns. Oder ihr dürft einfach entspannen und der Natur lauschen oder im Dschungel auf einer Hängematte die Aussicht über den Amazonas geniessen…