Die dunklere Seite Ecuadors

Es gibt Tage, da möchte ich einfach meine Augen und Ohren verschliessen und mich in meinem Bett verkriechen aber ich finde es wichtig, wenn auch Licht auf die dunklere Seite Ecuadors geworfen und hingeschaut wird. Nur so kann evtl. eine Veränderung entstehen.

Umwelt

Dieses Thema schmerzt mich am meisten. Überall wo man hinschaut, findet man Plastik, Plastik, Plastik. Ich habe das Gefühl, alles, aber wirklich alles  besteht aus vielverpacktem Plastik. Und wenn auf dem Markt Früchte eingekauft werden, dann gibt es für jede Frucht bestimmt einen separaten Plastiksack… Bis jetzt habe ich noch keinen nachhaltigen Laden oder Produkte gefunden. Es ist extrem frustrierend.

Seit Neustem kommt jeden Mittwoch die Müllabführ auch bei unserer Strasse vorbei, aber die Leute wollen trotzdem oft ihren ganzen Müll in ihrem Garten verbrennen. Unser Nachbar hat gleich vor unserem Haus so eine «Müllhalde» und der Kiesweg zu uns nach Hause wimmelt von kleinen Plastikteilen oder Plastikverpackungen. Vieles haben wir schon «Aufgeräumt» aber jeden Tag kommt wieder neuer Plastikmüll dazu. Die Leute trennen nur den Bio Müll der bei uns einfach aus dem Fenster in den Garten geworfen wird. Alles andere wie z.B Petflaschen, Batterien, Karton, Dosen usw. landet zusammen im allgemeinen Müll. Irgendwann möchte ich die Müllhalde in Baños anschauen gehen. Ich habe gehört, dass sie dort den Abfall trennen. Gerne würde ich das glauben.

Wasser/ Abwasser

Auch dieses Thema stimmt mich sehr, sehr nachdenklich. In den grossen Städten gibt es vereinzelt Kläranlagen aber überall sonst wird die ganze «Scheisse» ungefiltert direkt in den nächsten Bach und dann Fluss geleitet. Der Fluss, der durch Rio Negro fliesst, der Rio Pastaza, entspringt in den Anden und fliesst zuerst durch Riobamba, einer der grösseren Städte Ecuadors mit ca. 220’000 Einwohnern, dann durch viele kleinere Städte sowie später durch Baños mit rund 18’000 Einwohnern und ca. 1 Mio. Touristen pro Jahr. Kleinere Kläranlagen gibt es vereinzelt aber dies sind nur Tropfen auf den heissen Stein. In Baños z.B gibt es keine. In Rio Negro gibt es viele Fischzuchten die mit Antibiotika «gesund» gehalten werden. Das Wasser fliesst direkt in den nächsten Bach. Ich bin erstaunt, dass nicht mehr Touristen krank werden welche in diesen Flüssen Kayak oder River Rafting betreiben. Ich habe nur von Reiseführern gehört die manchmal Pilzinfektionen auf der Haut haben.

Leo hat erzählt, dass es früher, als er klein war, viele Fische im Fluss hatte. Heute findet man fast keine mehr. Das Problem ist auch, dass ich bis jetzt wie schon erwähnt, keine Umweltschonende Putzmittel, Abwaschmittel oder Duschmittel gefunden habe. Oft wird auch mit Chlor gereinigt…

Menschen

Viele tragische Schicksalsschläge durfte ich schon mitanhören. Oft habe ich mit den Frauen um die 30ig, die ich hier kennen lernen darf, mitgeweint. Vor nur 20 Jahren war Ecuador ein Entwicklungsland. Viele berichten mir, dass sie schon mit 5 Jahren im Bus Süssigkeiten verkauft haben oder mit 6 Jahren für 30 Dollar im Monat in einem Restaurant arbeiten mussten. Manchmal hatten sie 8 Geschwister mit denen sie EIN Brot oder EIN Ei teilen mussten. Für uns Schweizer eine unvorstellbare Armut. Diesen Erwachsenen wurde die Kindheit geraubt, sie mussten kochen, putzen, abwaschen, arbeiten gehen und auf ihre kleinen Geschwister acht geben. Die Hausaufgaben haben sie bei Kerzenlicht erledigt, da es kein Geld gab um den Strom zu bezahlen.

Ihr Leben glich einem Kampf ums Überleben.

So erstaunt es nicht, dass hier viele unter Depressionen leiden. Einige der jungen Leute haben auch schon mehrmals Suizidversuche durchgeführt.  Die einte Frau und ihr Mann sind von der Klippe in den Rio Pastaza gesprungen, aber haben Gott sei Dank überlebt, die andere Verwandte hat wegen Liebeskummer Gift eingenomme, auch sie konnte glücklicherweise gerettet werden. Das sind nur einzelne Beispiele. Oft haben die Menschen ein Alkoholproblem. Der Onkel von Leo ist am Montag wieder einmal nicht zur Arbeit erschienen, da er jedes Wochenende Trinkt. Dann ist da auch noch die grosse Verschuldung der Menschen. Sie haben keine stabilen Jobs und beziehen aber teure Dinge wie Autos, TV, Waschmaschinen etc. über Kredit und verschulden sich stark. Das wiederum führt zu Stress, häuslicher Gewalt oder eben Depressionen. Ein weiteres Problem das hier herrscht ist, dass viele sehr jung Eltern werden. Sie sind selbst noch Kinder und haben keine abgeschlossene Schulbildung oder Ausbildung. Dies wiederum führt zum selben Teufelskreis von Gelegenheitsjobs, Verschuldung etc…

Es ist schwierig diesem «Leid» um uns herum zuzuschauen. Die Menschen  sehen sich oftmal als Opfer oder Pechvögel oder ganz banal, der Ex-Präsident ist an allem Schuld… In meinen Gesprächen mit den Frauen versuche ich dann mitzuteilen, dass wir das Leben in unserer Verantwortung, in unseren Händen tragen. Klar können wir nicht entscheiden wo wir geboren werden aber wir können uns ein Leben lang als hilfloses Opfer betrachten oder als aktiver Aktor für unser Schicksal, unser geführtes Leben einstehen und mit eigenverantwortung etwas bewirken. Auch versuche ich ihnen vor Augen zu führen, wofür sie dankbar sein können.

Wenn ich diese bewegenden Geschichten höre, dann überkommt mich eine grosse Dankbarkeit, dass ich in der Schweiz (die für mich die Fülle darstellt) geboren bin, dass ich eine schöne, behütete Kindheit hatte und Kind sein durfte und dass der Schweizer Staat zu uns Menschen und unserer Natur grosse Sorge trägt. Niemand muss Hunger leiden, niemand muss mit 6 Jahren Kinderarbeit leisten. Unser Wasser ist sauber und der Abfall wird in modernsten KVA’s verbrannt…Ich wünsche mir, dass wir merken wie gut es uns geht, ich wünsche mir, dass das was wir haben geschätzt und erhalten bleibt.

Für was bist du heute dankbar?

Auch ein grosses Dankeschön möchte ich allen mitteilen, welche immer fleissig Kommentare schreiben oder über WhatsApp mit mir in Kontakt sind. Ich habe an jedem einzelnen Text riesen freude und bin stets gespannt was ihr alles zu berichten oder zu kommentieren habt.

Seid herzlich gegrüsst aus einer völlig anderen Welt

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .