Verkehrsmittel und Unfallstatistiken

Wie im vorherigen Blog, schützen sich die Ecuadorianer auch im «öffentlichen Verkehr» nicht…Auch hier treffen zwei ganz verschiedene Welten aufeinander. In der Schweiz werden übervorsichtige Massnahmen getroffen damit ja niemand zu schaden kommt und hier? Hier gilt das pure Gottvertrauen. Daher sind viele Lastwagen und Busse mit religiösen Sprüchen und Talismännen ausgestattet. Auch bei diesem Thema bleibt mir manchmal einfach der Mund offen. Als wir in Ecuador angekommen sind, haben wir uns natürlich über Kindersitze erkundigen wollen. Keine Chance, niemand von unseren Freunden oder Verwandten hat einen Kindersitz fürs Auto oder wusste ob sowas überhaupt aufzutreiben war. Erst letzte Woche haben wir in Ambato in einer grossen Mall Kindersitze entdeckt – für 200-800$. Also, es gibt sie doch, nur kann/ will sich dies niemand leisten. Solange es nicht obligatorisch ist, wird sich auch niemand darum bemühen. Babyschalen haben wir immerhin zwei bis drei schonmal gesehen.

Zurück zum Beginn unserer Auszeit in Ecuador. Wir stiegen also in Quito in den Touristenbus unserer Freunde ein, ohne Kindersitz. Und was ist mit angurten? Nur wenn die Polizei in Sicht ist, dann muss sich der Fahrer und der Beifahrer aber «tifig» die Gurten anschnallen. Sonst könnte es ja doch zu einer Busse kommen. Die hinteren Mitfahrer müssen nicht angeschnallt sein. Wir, auf Sicherheit geprägte, übervorsichtigen Schweizer, (jaaa, Leo ist nun auch offiziell Schweizer*) hatten schon ein sehr mulmiges Gefühl, Inti nur auf unserem Schoss zu halten während der Chauffeur über die 2-4 spurigen, gut gebauten Strassen raste. Irgendwie fühlte ich mich so, wie wenn wir eine grosse «Sünde» begehen und jederzeit könnten wir von der Polizei erwischt werden…Aber die Polizei hier kümmern herumturnende Kinder in Autos wenig. Wie ihr alle wisst, kamen wir heil nach Rio Negro an und bis zum heutigen Tag haben wir Gott sei Dank alle Bus-, Taxi-, Auto- und Motorradfahrten überlebt. Ja, ihr habt richtig gehört, mit dem Motorrad wird hier auch Kind und Kegel transportiert – natürlich, wie könnte es anders sein,  auch ohne Gummi eh…ohne Helm. Fahren mit Licht? Neeein, das ist nur Energieverschwendung und blendet die anderen. Aber in der Nacht, da wird dann mit Aufblendlicht durch die kurvigen Strassen gefahren oder eben das Licht wird als unnütz erachtet. Und was ist mit Alkohol am Steuer? Letzthin wollten wir mit dem Taxi vom Restaurant El Profe** zu uns nach Hause fahren. Der Taxichauffeur hatte so eine Fahne und als wir ihn darauf ansprachen, ob er betrunken sei, hat er uns nur zurück gelallt, dass schon alles i. O ist. Ruckzuck waren wir wieder aus dem Taxi ausgestiegen. Dann brauste er davon. Also, so betrunken wie dieser Taxichauffer sind die Leute in der Regel nicht, aber sie fahren oder fuhren ALLE sicherlich schon zu angeheitert durch die Gegend…Einmal war ich mit Inti am Glace essen vor dem «Tante Emma» Laden in Rio Negro als ein Auto anhielt und der Fahrer mit zwei leeren 1l Bierflaschen ausstieg um sich nochmals zwei 1l Bier zu kaufen. Beim Abfahren wünschte die Verkäuferin den beiden Männern dann noch eine gute Fahrt. Unvorstellbar in der Schweiz oder? Die Alkohollimite hier in Ecuador beträgt 0.3-0.8 Promille. Wenn jemand erwischt wird, kostet es ca. 400$ oder Gefängnis. Es werden einem 5 Punkte abgezogen.  Die Polizei macht auch regelmässig Kontrollen. Aber in den kleinen Dörfern schaut niemand genau hin. Auch als mich letzthin die Cousine gefragt hat, ob ich sie kurz mit ihrem Auto ins Dorf chauffieren könne und ich ihr entgegnete, dass ich gerade kein Fahrausweis bei mir trage, meinte sie zu mir, dass mich hier im Dorf niemand kontrollieren werde. Auch bei dieser Fahrt ins Dorf habe ich mich wieder wie eine grosse Sünderin gefühlt…Die Dorfkinder, welche die Möglichkeit bekommen, fahren auch schon mit 12 Jahren durch die Gegend. Hier sagt niemand was. Wenn aber in ein grösseres Dorf oder eine Stadt gefahren wird, gelten die Ausweisregeln und offiziell kann ab 18 Jahren mit Autofahren begonnen werden. Innerhalb von einem Monat muss man für die Autoprüfung ca. 15 Theoriestunden und ca. 15 Praxisstunden absolviert haben, damit man an die Prüfung zugelassen wird. Die Prüfung wird aber nur an einem Simulator und nicht auf der Strasse durchgeführt. Wenn der Fahrschüler schon Kenntnisse vom Autofahren hat, dann sitzt der Fahrlehrer einfach neben dran und tippt auf seinem Handy herum oder macht ein Nickerchen bis die Fahrlektion durch ist…genau, was ist mit Handy am Steuer? Jeder hier ist beim Fahren am Herumtippen, Sprachnachrichten versenden oder am Facebook durchscrollen. Da bekomme ich manchmal wirklich die Krise und bitte den Taxichauffeur auf die Strasse zu achten. In Baños werden viele Velos vermietet und die beliebteste Velostrecke ist der Hauptstrasse entlang zu den fünf Wasserfällen. Vorletzte Woche ist ein Velo-Tourist tödlich verunglückt weil er die schöne Strecke mit dem Handy in der Hand gefilmt hat. Er ist mit vollem Tempo in den Eingang der Tunnelwand geprallt. Da hat sein Helm leider auch nichts mehr geholfen. Der Argentinische Tourist hatte das Velo ausgerechnet bei unseren Freunden in ihrem Reisebüro ausgeliehen. Zu ihrem Glück konnte mit dem Video bewiesen werden, dass es kein mechanischer Fehler am Velo war. Die Ecuadorianer sind wie viele auch Sensationsgeil. Kurz nach dem Unfall waren Fotos des am Boden liegenden, toten Velofahrers in den sozialen Medien zu sehen…kein Wunder sinkt so auch die Touristenrate…

Zurück zur Fahrprüfung. Wenn der Fahrschüler schon Kenntnisse hat, dann kann er auch etwas mehr Geld bezahlen und somit die 15 Praxislektionen überspringen. Kein wunder also, dass jeder so fährt wie es ihm gefällt. Sicherheitsabstand? Hier werden 1-3m empfohlen. Keine Chance hätte man bei einer Vollbremsung. Ich könnte noch mehr solche unglaublichen Geschichten erzählen aber gehen wir einmal zu den Statistiken. Laut Wikipedia gibt es in Ecuador auf 100’000 Menschen ca. 150.3 Verkehrstote, in der Schweiz sind es auf 100’000 Personen gerade mal 3.6 Menschen. Die höchste Rate mit über 800 Verkehrstoten sind in Togo und Guyana anzutreffen. Die niedrigste Rate beträgt 3.4 Menschen in Norwegen.

* Ja, Leo ist jetzt offiziell Schweizer. Das lustige ist, dass er ja an meinem Geburtstag das 1x Schweizer Boden betreten hat und genau am 22.11.2019, also am 2. Geburtstag von Inti wurde er Eingebürgert. Für mich gibt es keine Zufälle. Leo wurde mit dem Betreten der Schweiz und mit dem Schweizer Pass ein neues, anderes Leben geschenkt.

**El profe, so heisst das Restaurant von Lastenia und Enrique. Das meiste ist nun geflickt und renoviert und morgen findet passend zum Valentinstag das Eröffnungsfest statt. H

Ja, und in den Fotos zeige ich lieber keine Fotos von Verkehrstoten sondern einige Impressionen der näheren Umgebung bei uns.

Liebe Grüsse und hebed Sorg

Oh Baby, Baby und weitere Neuigkeiten

Oh Baby, Baby…Schon Halbzeit. Einige von euch wissen es schon, im Juni kommt unser zweites Kind auf die Welt.

Wie ist es denn so, schwanger zu sein hier in Ecuador? Wie alles hier birgt auch jede Schwangerschaftskontrolle sein erstaunliches und überraschendes. Immer und immer wieder werde ich von den Ärzten gefragt, ob denn Leo wirklich der Vater meiner Kinder ist. Bei Inti kann das wohl niemand verneinen. Sind wir also gespannt ob das zweite Kind eher wie der Postbote aussieht 😉 Auch wird bei jeder Kontrolle gefragt, ob es ein Unfall war oder ob die Verhütungsmittel versagt haben… Die Schwangerschaften sind hier selten geplant und bei meiner ersten Kontrolle im Sub-Centro war vor mir eine Frau, die schon im 5. Monat schwanger war und bis Dato nichts von ihrem «Glück» gewusst hat… Das kommt hier öfters mal vor. Auch das mit der Verhütung nehmen die Frauen hier manchmal nicht so ernst. Eine Freundin von uns hat erzählt, dass sie manchmal 3 Tage die Pille vergessen hat und dann halt 3 Pillen an einem Abend schluckte oder mal einen Monat Pause machte, dann wieder einen Monat die Pille nahm usw…also, sie ist jetzt auch wieder ungeplant schwanger…Die gleiche Freundin wurde mit 13 Jahren von einem Bekannten der Mutter vergewaltigt. Auch dies ist hier leider keine Ausnahme. Zum Glück kam dieser Mann für einige Jahre ins Gefängnis aber heute hat er mit bald 60ig eine 20 Jährige Ehefrau… Das Baby meiner Freundin, dass jetzt im März auf die Welt kommt, hat also eine 17 jahre ältere Schwester. Verhütung ist hier Sache der Frau, die meisten Männer kümmern sich nicht darum. Auch lassen sich die Frauen heute meistens nach dem 3. Kind unterbinden. Bei den Männern ist eine Vasektomie kein Thema. Auch ist wie klar, wenn junge Mädchen eine Beziehung eingehen, dann endet diese mit grosser Wahrscheinlichkeit in einer Schwangerschaft. In der Schule werden sie schon aufgeklärt aber eben, aus welchen Gründen auch immer, fruchtet diese Aufklärung und abgaben von Gratis-Kondome, nicht. Laut einer Studie von Ende Dezember 2019, liegt Ecuador in Südamerika auf dem 1. Platz was Schwangerschaften zwischen 10-19 Jahren angeht. Mit der neuen Regierung wurden auch die Gelder für Aufklärungskampagnen gestrichen. Das Durchschnittsalter der Frauen mit ihrem ersten Kind liegt hier bei 21 Jahren. In der Schweiz sind wir bei einem Durchschnittsalter von 32 Jahren angelangt. Erwähnenswert sind auch die Geburten zwischen 40 und 48 jährigen Frauen. Diese Betragen hier immer noch 3%. 12 Kinder oder mehr sind in armen Bauernregionen die Normalität. Was ich aber bei den jungen Frauen hier in Rio Negro beobachte ist, dass sie nur noch ein Kind haben möchten und sich bewusst gegen mehr Geschwister entscheiden. Das zweite hat meistens dann 6 Jahre oder mehr Unterschied, was eben oft wieder aus «Unfällen» entsteht. Lustig finde ich auch, dass die Leute uns früher immer erstaunt gefragt haben warum wir denn noch keine Kinder haben und jetzt da Inti neben uns spaziert und ich mit meiner Kugel herum laufe, sind die Leute überrascht wie «schnell» wir schon ein zweites Kind haben wollten. In der Schweiz sind 2.5 Jahre oder mehr Unterschied dann schon wieder «spät». So verschieden sind die kulturellen Denkweisen.

Zurück zu den Schwangerschaftsuntersuchungen. Im Sub-Centro in den kleinen Dörfern wie Rio Negro sind sie nur minimal ausgerüstet. Sie messen das Gewicht, die Grösse und den Blutdruck der Mutter und haben ein Hörapparat um den Herzschlag des Babys zu hören. Im Sub-Centro war ich plötzlich 1cm grösser als in der Schweiz und um einiges schwerer. Sie nehmen es hier auch nicht so genau… Die Ärztin hat mich gebeten einmal pro Monat vorbei zu schauen um diese Kontrollmessungen vorzunehmen. Einen Monat später bin ich nicht zur Kontrolle gegangen, da ich es nicht für nötig empfunden habe. Hier macht man keine Termine, man geht einfach ins Sub-Centro und sitzt Schlange bis man dran kommt. Das war mir zu blöd, daher wollte ich in einer Privatklinik die weiteren Untersuchungen durchführen gehe. Eines Tages stand die Tante vor der Türe und rief nach meinem Namen. Ich ging nach draussen und sie meinte, dass mich die Polizei suchte. «Was hab ich denn angestellt», fragte ich mich? Es stiegen 3 Polizisten und zwei Krankenschwestern aus dem Polizeiauto aus. Ich sei nicht zur Kontrolle im Sub-Centro erschienen, daher kommen sie mich jetzt zu Hause (be-)suchen. Sie haben den Blutdruck gemessen und sich nach meinem Empfinden erkundigt, ob ich die Vitamine einnehme usw. und ich solle doch bitte nächsten Monat im Sub-Centro erscheinen und unbedingt die Urinprobe und die weiteren Untersuchungen vornehmen. Ansonsten kämen sie dann wieder mit der Polizei vorbei. Diese Regelung, die schwangeren Frauen zu Hause aufzusuchen, gilt seit einigen Monaten. Für Frauen die an abgelegenen Orten wohnen ist das sicherlich sinnvoll und hilft die Sterblichkeit zu verringern. Einen Schrecken hats mir im ersten Moment trotzdem eingejagt. Warum sie mit drei Polizisten und dem Polizeiauto vorbei kommen hat den einfachen Grund, dass in Rio Negro nie irgend etwas passiert und die Polizisten etwas Abwechslung zu den täglichen Strassenkontrollen brauchen. Sie haben hier, Gott sei Dank, wirklich zu wenig zu tun…Auch sind die Polizisten zum Schutz der Krankenschwestern dabei und das Sub-Centro hat kein eigenes Auto.

Abgesehen vom Sub-Centro. Was gibt es noch? Das Spital in Baños oder Puyo. Dort wird das nötigste untersucht und ist gratis. Das Schlangesitzen ist dementsprechend lange. Wenn kein Notfall vorliegt, kann es schon mal 4h Wartezeit geben. Zu welchem Privatarzt sollte ich nun gehen? Zwei Freundinnen haben mir von einer russischen Gynäkologin abgeraten. Bei der einten Amerikanerin hat sie im 3. Monat Zwillinge diagnostiziert. Als sie kurz darauf in die USA zurück reiste, war nur ein Baby ersichtlich und ein Abgang war ausgeschlossen. Bei meiner anderen Freundin diagnostizierte die gleiche Ärztin im 6. Monat Zwillinge. Geboren hat sie dann auch nur eins. Ok, zu ihr wollten wir nicht. Uns wurde empfohlen zuerst zu einem Spezialisten für Ultraschall zu gehen. Dafür fuhren wir extra nach Pelileo. Eine Autofahrstunde von uns entfernt. Auch dort galt das Prinzip: Kommen und in die Schlange sitzen. Wir warteten etwa eine Stunde bis wir in ein dunkles Zimmer geführt wurden wo der Ultraschallexperte mit lauter Latinomusik auf uns wartete. Rukzuck war das Baby vermessen, die wichtigsten Daten notiert und der Bericht geschrieben. Es dauerte gerade mal 15min. bis wir wieder draussen waren. Danach fuhren wir zurück nach Baños. Wir gingen zu einem normalen Hausarzt, welcher auch Blut und Urinproben analysiert. Mit all den Resultaten fuhren wir dann zu der einzig anderen privaten Gynäkologin in Baños. Sie begutachtete die Ultraschallbilder und die Resultate. Zu unserer grossen Freude war alles in bester Ordnung. Dass auch sie fragte ob Leo wirklich der Vater von unseren Kindern war, erstaunte mich nicht mehr, aber dass sie hier 3x in der Schwangerschaft ein Aids Test anfordern, umso mehr. Sie meinte, seit viele Flüchtlinge aus Venezuela hier her kommen, sei die Aids-Rate gestiegen und wie zu vermuten lässt, sind die Ecuadorianer leider nicht gerade die treusten…

Wie ist es mir denn bis jetzt in der Schwangerschaft ergangen? Bis ca. zur 16 Schwangerschaftswoche war mir Tag täglich fürchterlich übel, eine Übelkeit die mich richtig lahm gelegt hat. Auch das Erbrechen kam nicht zu kurz aber es war in keinem Verhältnis wie bei Inti. Leider konnte ich Dank der Übelkeit praktisch keine Früchte essen, das gleiche galt für unsere Hauseigenen Bananen. Jetzt geniesse ich die Früchte umso mehr und kann am Leben hier richtig teilnehmen. Aber schon bald kam der nächste Dämpfer. Vor mehr als einer Woche hatte ich Blutungen und gefühlte Wehen. Also gingen wir ins Spital. Dort mussten wir glücklicherweise nicht lange warten. Die Gynäkologin notierte alles und bat mich dann, mich bereit zu machen für die Kontrolle. Während ich in der Umkleidekabine war, hörte ich sie lautstark mit ihrer Tochter telefonieren. Sie erklärte gemütlich was es alles in ihrem Kühlschrank gibt, und was sich die Tochter zum Nachtessen kochen könnte. Ich war schon längst am Däumchen drehen, bis sie mich dann zur Liege bat. Dort befand sich noch ein Blutbeflecktes Laken. Sie kam aber meiner Bitte nach, es zu wechseln…Ja, in solchen Momenten überkommt mich das Heimweh und ich vermisse unseren Standard und die Professionalität. Sie verschrieb mir komplette Bettruhe und Hormone, machte aber keinen Ultraschall. Als zwei Tage später die Blutung wieder kam, wollte ich nicht mehr ins Spital. Es blieb mir also nur die russische Ärztin. Sie war für ecuadorianische Verhältnisse sehr gut ausgerüstet und ihre Tochter hat sogar in der Schweiz studiert. Sie kannte also die Schweiz und unsere Verhältnisse. Sogleich machte sie einen Ultraschall und dort war, Gott sei dank, alles in bester Ordnung mit unserm Kind. Nein, es sind keine Zwillinge ;). Aber sie sagte uns, dass Wehen feststellbar sind und ich für eine Woche absolute Bettruhe einhalten solle. Weitere Medikamente kamen dazu. Was macht man also mit so einer Mitteilung? Genau, man macht das Beste draus. Eeeendlich hatte ich Zeit um meine Bücher zu lesen. Danke lieber Jochen für dein Buch «Der träumende Delphin», danke lieber Burk für das Buch deines Bruders «Abenteuer Glück, die Reise zum Ursprung». Bitte richte ihm aus, das ich es genial finde und ich vieles daraus lernen durfte. Danke liebe Susanne für dein Praxisbuch und danke allen für die lieben Genesungswünsche.

Danke lieber Leo, dass du mich sooo gut in jeder Lebenssituation unterstützt und du dich so geduldig und liebevoll unserem Sohn hingibst. Die Beziehung der beiden ist durch diese wöchentliche Bettruhe noch mehr zusammengewachsen und Inti ist jetzt schon ein super Laufvelofahrer. Danke an das Leben, dass wir momentan diese Auszeit geniessen dürfen und wir uns so viel Zeit füreinander nehmen können. Zur Ruhe kommen, Familienzeit, ein grosses Geschenk. Vorgestern lagen wir in unserem Bett und schauten aus dem Fenster und erblickten Millionen von Sternen. Leo und mich überkam eine tiefe, grosse Dankbarkeit. Danke an alle die uns auf dieser Reise unterstützen, an uns denken und mit uns sind. Alles ist wichtig und richtig so wie es gerade ist.

Wir vier grüssen euch alle herzlich

Besuch, Silvester und Umzug

Francesca und Marcello aus Kriens sind kurz nach Weihnachten im Land der Vulkane, Bananen und Mangos gelandet. Nach einem kurzen Aufenthalt in Quito machten sie sich auf den Weg nach Baños. Dort begrüssten wir sie herzlich und nach zwei Monaten ohne Schweizer Kontakt genossen wir ihre Präsenz umso mehr. Sie waren richtig in Ferienstimmung und wir sogen ihre gelassene, relaxte Energie richtig auf. Es bereitete uns riesen Freude sie in unsere «Welt» einzuweihen und ihnen zu zeigen woher Leo ursprünglich kommt und wer seine Familie ist. Leo durfte nach so vielen Jahren endlich wieder eine Tour durch den Dschungel leiten und alte Zeiten aufleben lassen. Silvester verbrachten wir zusammen in Baños. Dort verkleiden sich die Männer als Frauen. Diese nennt man «Viudas». Sie tanzen für Geld sehr freizügig vor breitem Publikum oder auf den Autos. Auch veranstalten diese «Frauen» überall Strassensperren und lassen die Autos erst durch, wenn der Fahrer Geld gibt. Unsere Fahrt von Rio Negro nach Baños dauerte daher fast 1.5h statt den normalen 30 min. Überall in Baños wurde laut Musik gespielt, auch Livebands waren vor Ort. Eine Dezibel Limite gibt es hier in Ecuador nicht. Auch will sich hier niemand Neujahr entgehenlassen, also wird sein wenige Wochen altes Baby oder das Kleinkind einfach mitgenommen. Ohrenschutz? Gibts hier nicht. Unvorstellbar bei uns mit Baby im Getummel und dröhnendem Lärm bis über Mitternacht Party zu machen oder? Für Neujahr werden Puppen, sogenannte «Años viejos» und aufwändige Figuren hergestellt. Um 12 Uhr werden diese Verbrannt. So sollen die schlechten Energien und Geister des alten Jahres niedergebrannt werden. Kurz vor 12 Uhr fing es in Baños an heftig zu regnen. Die Figuren wollten einfach nicht brennen, dann muss halt mit Benzin nachgeholfen werden. Tradition ist es auch, über die brennenden Puppen zu springen. Leider ist der 4 jährige Sohn der Cousine von Leo ins Feuer gefallen und hat sich so das Gesicht und die Hand verbrannt. Anstatt ausgelassen in das neue Jahr zu feiern, verbrachten sie den Rest der Nacht im Spital. Es geht ihm den Umständen entsprechend besser. Sie können ihn nun zu Hause pflegen.

Am 1.1.2020 sind Fränzi und Mäsi als erste Gäste in unser Haus gezogen. Sie durften sozusagen unser Haus einweihen. Am 2.1 war es dann soweit und auch wir zügelten unsere 7 Sachen in unser Eigenheim. Wahnsinn. Ich konnte es kaum glauben. Unser Traum wurde Wirklichkeit. Es war so schön nachts im Bett zu liegen und mit offenem Fenster den Geräuschen unseres eigenen Landes zu lauschen. Zirpende Grillen, quackende Frösche, singende Nachtvögel, gurgelnde Bächlein und wenn man genau hin hört, meint man sogar die Pflanzen wachsen zu hören, da die Natur so dicht und so kraftvoll ist. Das Beste ist aber, dass wir den tosenden Regen nicht mehr hören, nur das sanfte tröpfeln auf die Blätter der Bäume. Was mir am Besten gefällt an unserem Haus ist die Dusche. Nach 2 Monaten konnte ich endlich wieder eine richtige, europäische Dusche geniessen. Dann spüre ich einfach nur Dankbarkeit.

Nach einer Woche mit uns, sind unsere Freunde weitergezogen. Schweren Herzens haben wir Abschied genommen. Wir merkten, dass wir dank ihnen auch entspannen konnten und wie viel Freude es uns bereitet Leute in dieses faszinierende Land einzuweihen. Also, wenn jemand Lust hat uns spontan zu besuchen. Wir haben ein Zimmer frei, eine tolle Dusche und wir können euch garantieren, dass es euch nicht langweilig wird bei uns. Oder ihr dürft einfach entspannen und der Natur lauschen oder im Dschungel auf einer Hängematte die Aussicht über den Amazonas geniessen…

Pura vida

Das Leben spüren, ja das tun wir hier. Ecuador ist so pulsierend, so lebendig und es gibt so viele Telenovela-Ähnliche Lebensgeschichten, dass einem manchmal der Mund offen bleibt…  Letzthin habe ich einer Freundin gesagt, dass ein Tag Ecuador so viel zu bieten hat, sich so viel ereignet, wie in der Schweiz in etwa 4 Jahren.

Wir sind 2 Monate hier und ich spüre, dass wir angekommen sind. Wenn ich durchs Dorf laufe, grüssen mich alle und rufen zu Inti «Hallo kleiner Leo».

Was ich am meisten schätze ist, dass es hier so viel Platz für Spontanität hat und wenn man jemanden auf der Strasse trifft den man kennt, dann gibt es immer Zeit um Neuigkeiten auszutauschen und über das Leben zu sinnieren. Niemand schaut hier auf die Uhr und sagt dir, «es tut mir leid ich habe keine Zeit». Wie sagt man so schön, die Schweizer haben die Uhr, die Anderen haben die Zeit. Zeit sich mit anderen Menschen auszutauschen, Zeit sich mit anderen Menschen zu verbinden, Zeit spontan ein Nachtessen zusammen zu organisieren. Von den geplanten 6 Personen sind es dann plötzlich 10 oder mehr, die gemeinsam am Tisch sitzen. Es hat für alle Platz und für alle genug. Letzthin sind wir um ca 21.30 Uhr nach Hause gekommen, da kommt der Nachbar mit seinem Sohn herübergerannt. Der Sohn habe die Englisch-Hausaufgaben für morgen noch nicht gemacht, ob ich ihm helfen könne. Nagut, anstatt ins Bett zu gehen, entwickelt sich der Abend in ein kunterbuntes Treiben, denn auch die Mutter kommt noch vorbei und neben den Englischaufgaben wird lautstark über Erziehungsfragen, die Schule und die verkäuferischen Machenschaften des Sohnes auf dem Schulhof diskutiert. Unkompliziert, chaotisch, unperfekt und lustig. So sieht ein Tag in Ecuador aus.

Hier ist wirklich nichts perfekt. Hier ist alles schief und schepps gebaut, gebastelt und bepinselt. Am Anfang hat mich das recht irritiert, doch ich habe mich daran gewöhnt und sehe alles etwas gelassener.

Ja, Gelassenheit wird hier viel benötigt. Vor allem wenn hier ein Haus gebaut wird. Ihr möchtet sicher wissen wie es um unseren Hausbau steht? Wie ihr euch wohl denken könnt, gab es vieles unvorgesehenes, vieles das schepps oder schief gelaufen ist und von den Kosten sprechen wir lieber garnicht… Ich habe mich immer gefragt, warum es so viele halbfertige Häuser in Ecuador gibt, jetzt steht auf unserem Land selbet so eins… Wir können euch aber mit Freude sagen, dass wir wahrscheinlich ab Neujahr im EG einziehen können. Durch vieles unvorhergesehenes haben wir unser Budget für das Haus schon gesprengt und somit können wir leider das OG nicht fertigstellen. Zum Glück gibt es die Gelassenheit und hier ist es wie gesagt ganz normal, dass halt plötzlich das Geld ausgeht und somit der Hausbau gestoppt wird, bis wieder etwas angespart ist.

Wir haben ausser dem Hausbau noch ein neues Projekt gestartet. Lastenia und Enrique (ein Freund von uns) haben ein Restaurant mit Swimmingpool und Spa gemietet. Die Miete beträgt pro Monat nur 200$ aber natürlich hat es einen Hacken. Die ganze Infrastruktur ist in einem desaströsen Zustand. Daher helfen wir jetzt mit, alles auf Vordermann zu bringen. Inti hilft jeden Tag aktiv mit. Uns wird also nicht langweilig hier.

An Weihnachten haben wir mit den Arbeitern, den Helfern und der Familie ein Nachtessen gekocht. Ganz einfach aber mit vielen lieben Menschen. Auch an Weihnachten arbeiten hier die meisten Leute. Daher kam bei uns keine Weihnachtsstimmung auf und ausser Süssigkeitem gab es auch keine Geschenke. Ich hoffe sehr, ihr habt eure Weihnachten genossen und wir wünschen euch einen gelungenen, schönen Start ins 2020 !

P.s auf dem untersten Bild seht ihr übrigens unseren Weihnachtsbaum 🙂

Die dunklere Seite der Schweiz

Eine kleine Ergänzung zum letzten Blog-Artikel.

Ich bin dank einer Leserin darauf aufmerksam gemacht worden, dass unsere Putz- und Sauberkeitswut in der Schweiz auch negative Folgen für die Natur haben kann, vor allem in der Landwirtschaft. Wir haben weltweit eine der schlechtesten Biodiversitäten. Der ökologische Fussabdruck der Schweiz ist riesig. Er wird mit 4.8 Erden angegeben. Ecuador liegt mit ca. 1.5 Erden deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt. Niemand von Leos Verwandten (ausser Lastenia, die zu uns in die Schweiz kam) ist jemals geflogen. Ferien kennen die wenigsten hier. Freizeitaktivitäten jedes Wochenend kann sich hier niemand leisten. Bis jetzt weiss ich, dass nur der Wein und Äpfel aus Chile und Argentinien importiert werden. Sonst ist vieles regional oder national produziert.

Gleiches für Plastikmüll. Die Schweiz liegt laut Oceancare  https://www.oceancare.org/de/plastik-und-die-schweiz/

 auf Platz 3 was Plastikmüll angeht. Der Artikel ist wirklich lesenswert.  

Uns geht es viel zu gut, wir konsumieren viel zu viel und nicht nachhaltig. 4.8 Erden!!! Laut der Leserin können die Südamerikaner noch lange Plastik verbrennen im Garten…

Wir seien einfach Weltmeister im Fassade wahren, es sehe alles schön und bünzlig sauber aus, aber dies auf Kosten der Umwelt – und auch immer auf Kosten der ärmeren Ländern. Da hat sie wohl oder übel recht. Sie hat auch noch einen interessanten Filmtipp: Bruno Manser

Danke Amik für die kritischen Ergänzungen und danke euch allen für die Guten und lieben Gedanken und Wünsche nach Ecuador.

Also, auch bei uns gilt es vor unserer eigenen Haustüre zu wischen und es ist nicht immer Gold was glänzt.

Ich verspreche euch, die nächsten Blog-Artikel werden wieder etwas positiver und erstaunlicher 😉

Die dunklere Seite Ecuadors

Es gibt Tage, da möchte ich einfach meine Augen und Ohren verschliessen und mich in meinem Bett verkriechen aber ich finde es wichtig, wenn auch Licht auf die dunklere Seite Ecuadors geworfen und hingeschaut wird. Nur so kann evtl. eine Veränderung entstehen.

Umwelt

Dieses Thema schmerzt mich am meisten. Überall wo man hinschaut, findet man Plastik, Plastik, Plastik. Ich habe das Gefühl, alles, aber wirklich alles  besteht aus vielverpacktem Plastik. Und wenn auf dem Markt Früchte eingekauft werden, dann gibt es für jede Frucht bestimmt einen separaten Plastiksack… Bis jetzt habe ich noch keinen nachhaltigen Laden oder Produkte gefunden. Es ist extrem frustrierend.

Seit Neustem kommt jeden Mittwoch die Müllabführ auch bei unserer Strasse vorbei, aber die Leute wollen trotzdem oft ihren ganzen Müll in ihrem Garten verbrennen. Unser Nachbar hat gleich vor unserem Haus so eine «Müllhalde» und der Kiesweg zu uns nach Hause wimmelt von kleinen Plastikteilen oder Plastikverpackungen. Vieles haben wir schon «Aufgeräumt» aber jeden Tag kommt wieder neuer Plastikmüll dazu. Die Leute trennen nur den Bio Müll der bei uns einfach aus dem Fenster in den Garten geworfen wird. Alles andere wie z.B Petflaschen, Batterien, Karton, Dosen usw. landet zusammen im allgemeinen Müll. Irgendwann möchte ich die Müllhalde in Baños anschauen gehen. Ich habe gehört, dass sie dort den Abfall trennen. Gerne würde ich das glauben.

Wasser/ Abwasser

Auch dieses Thema stimmt mich sehr, sehr nachdenklich. In den grossen Städten gibt es vereinzelt Kläranlagen aber überall sonst wird die ganze «Scheisse» ungefiltert direkt in den nächsten Bach und dann Fluss geleitet. Der Fluss, der durch Rio Negro fliesst, der Rio Pastaza, entspringt in den Anden und fliesst zuerst durch Riobamba, einer der grösseren Städte Ecuadors mit ca. 220’000 Einwohnern, dann durch viele kleinere Städte sowie später durch Baños mit rund 18’000 Einwohnern und ca. 1 Mio. Touristen pro Jahr. Kleinere Kläranlagen gibt es vereinzelt aber dies sind nur Tropfen auf den heissen Stein. In Baños z.B gibt es keine. In Rio Negro gibt es viele Fischzuchten die mit Antibiotika «gesund» gehalten werden. Das Wasser fliesst direkt in den nächsten Bach. Ich bin erstaunt, dass nicht mehr Touristen krank werden welche in diesen Flüssen Kayak oder River Rafting betreiben. Ich habe nur von Reiseführern gehört die manchmal Pilzinfektionen auf der Haut haben.

Leo hat erzählt, dass es früher, als er klein war, viele Fische im Fluss hatte. Heute findet man fast keine mehr. Das Problem ist auch, dass ich bis jetzt wie schon erwähnt, keine Umweltschonende Putzmittel, Abwaschmittel oder Duschmittel gefunden habe. Oft wird auch mit Chlor gereinigt…

Menschen

Viele tragische Schicksalsschläge durfte ich schon mitanhören. Oft habe ich mit den Frauen um die 30ig, die ich hier kennen lernen darf, mitgeweint. Vor nur 20 Jahren war Ecuador ein Entwicklungsland. Viele berichten mir, dass sie schon mit 5 Jahren im Bus Süssigkeiten verkauft haben oder mit 6 Jahren für 30 Dollar im Monat in einem Restaurant arbeiten mussten. Manchmal hatten sie 8 Geschwister mit denen sie EIN Brot oder EIN Ei teilen mussten. Für uns Schweizer eine unvorstellbare Armut. Diesen Erwachsenen wurde die Kindheit geraubt, sie mussten kochen, putzen, abwaschen, arbeiten gehen und auf ihre kleinen Geschwister acht geben. Die Hausaufgaben haben sie bei Kerzenlicht erledigt, da es kein Geld gab um den Strom zu bezahlen.

Ihr Leben glich einem Kampf ums Überleben.

So erstaunt es nicht, dass hier viele unter Depressionen leiden. Einige der jungen Leute haben auch schon mehrmals Suizidversuche durchgeführt.  Die einte Frau und ihr Mann sind von der Klippe in den Rio Pastaza gesprungen, aber haben Gott sei Dank überlebt, die andere Verwandte hat wegen Liebeskummer Gift eingenomme, auch sie konnte glücklicherweise gerettet werden. Das sind nur einzelne Beispiele. Oft haben die Menschen ein Alkoholproblem. Der Onkel von Leo ist am Montag wieder einmal nicht zur Arbeit erschienen, da er jedes Wochenende Trinkt. Dann ist da auch noch die grosse Verschuldung der Menschen. Sie haben keine stabilen Jobs und beziehen aber teure Dinge wie Autos, TV, Waschmaschinen etc. über Kredit und verschulden sich stark. Das wiederum führt zu Stress, häuslicher Gewalt oder eben Depressionen. Ein weiteres Problem das hier herrscht ist, dass viele sehr jung Eltern werden. Sie sind selbst noch Kinder und haben keine abgeschlossene Schulbildung oder Ausbildung. Dies wiederum führt zum selben Teufelskreis von Gelegenheitsjobs, Verschuldung etc…

Es ist schwierig diesem «Leid» um uns herum zuzuschauen. Die Menschen  sehen sich oftmal als Opfer oder Pechvögel oder ganz banal, der Ex-Präsident ist an allem Schuld… In meinen Gesprächen mit den Frauen versuche ich dann mitzuteilen, dass wir das Leben in unserer Verantwortung, in unseren Händen tragen. Klar können wir nicht entscheiden wo wir geboren werden aber wir können uns ein Leben lang als hilfloses Opfer betrachten oder als aktiver Aktor für unser Schicksal, unser geführtes Leben einstehen und mit eigenverantwortung etwas bewirken. Auch versuche ich ihnen vor Augen zu führen, wofür sie dankbar sein können.

Wenn ich diese bewegenden Geschichten höre, dann überkommt mich eine grosse Dankbarkeit, dass ich in der Schweiz (die für mich die Fülle darstellt) geboren bin, dass ich eine schöne, behütete Kindheit hatte und Kind sein durfte und dass der Schweizer Staat zu uns Menschen und unserer Natur grosse Sorge trägt. Niemand muss Hunger leiden, niemand muss mit 6 Jahren Kinderarbeit leisten. Unser Wasser ist sauber und der Abfall wird in modernsten KVA’s verbrannt…Ich wünsche mir, dass wir merken wie gut es uns geht, ich wünsche mir, dass das was wir haben geschätzt und erhalten bleibt.

Für was bist du heute dankbar?

Auch ein grosses Dankeschön möchte ich allen mitteilen, welche immer fleissig Kommentare schreiben oder über WhatsApp mit mir in Kontakt sind. Ich habe an jedem einzelnen Text riesen freude und bin stets gespannt was ihr alles zu berichten oder zu kommentieren habt.

Seid herzlich gegrüsst aus einer völlig anderen Welt

Agenda? Es lebe die Spontanität!

Was für ein Samstag. Unsere Mitarbeiter sind auch diesen Samstag zur Arbeit erschienen. Das heisst, Leo stand auch schon um 6.30 Uhr auf der Matte und nahm seinen Job als Bauherr und Zimmermann wahr. Leo machte eine längere Mittagspause um mit uns zu unserem Lieblingswasserfall zu gehen. Vor 7 Jahren war es noch ein wunderschöner, touristischer Ort und ein schöner Weg bis zum magischen Wasserfall. Vor 3 Jahren kamen wir noch knapp durch das wilde Dickicht. Heute kamen wir nur noch bis zur Hälfte. Ohne Machete ist es unmöglich dorthin zu gelangen. Dieser Spaziergang erinnert mich stark an vor fast 8 Jahren, als Leo mein Reiseführer war. Auch heute wäre er noch ein sehr zuvorkommender und guter Reiseführer. Am späteren Nachmittag besuchten wir Alirio, den Vater von Leo. Alirio war gerade in seinem Garten am Fischen. Er wollte unbedingt, dass wir ein paar Fische für Inti fangen. Der 2. Job des Tages für Leo war also Hilfs-Fischer. In einem kleinen Becken haben wir 13 Fische für kurze Zeit als Haustiere gehabt. Keine Sorge, wir haben sie wieder in die Freiheit entlassen. 

Gegen Abend entschlossen wir uns nach Rio Negro zu gehen und bei Marco, dem Cousin von Leo, in seinem neu eröffneten Strassencafé vorbei zu schauen. Gemütlich sassen wir da und plauderten mit Marco. Plötzlich kamen 22 Personen und bestellten Café und Bolas de verde (Kochbananenkugeln). Mit so viel Kundschaft auf einmal hatte auch Marco nicht gerechnet. Kurzerhand wurde Leo zum Hilfskoch und Kellner engagiert. Nun schon der 3. Job an diesem Samstag. Nach dem Ansturm trafen wir noch Freunde und um 22 Uhr liefen wir gemütlich, und begleitet von hunderten Glühwürmchen, nach Hause. Auf dem Nachhauseweg erzählte mir Leo seine Bedenken bezüglich Autofahren. Hier fahren alle wie sie wollen und die Überholmanöver sind vielfach halsbrecherisch. Er möchte hier nicht Autofahren, hat aber auch Angst somit in den 6 Monaten das Autofahren zu verlernen. Ich versuchte ihn zu beruhigen und versicherte ihm, dass er das Autofahren wie das Velofahren nicht mehr verlernen kann. Zu Hause angekommen klingelte das Telefon. Notfall ! Jemand müsse den Onkel Miguel in Spital fahren. Da nur wir zwei und ein Nachbar die Autoprüfung hatten und der Nachbar nicht erreichbar war, blieb eigentlich Leo nichts anderes übrig. Sein 4. Job an diesem Tag war also Chauffeur. Verlernen wird er hier also das Autofahren sicherlich nicht…Sie gelangten sicher ins Spital in Baños. Onkel Miguel schrie vor schmerzen und musste sich mehrfach übergeben…Diagnose Nierenstein. Am Sonntag um 4 Uhr in der Früh wurde Miguel mit starken Schmerzmitteln wieder aus dem Spital entlassen. Um 4.30 Uhr konnte Leo dann endlich erschöpft ins Bett fallen.

Nein, hier besitzt niemand eine Agenda. Alles ist spontan und so geben wir uns dem Lauf des Lebens, der Kreativität, den Überraschungen, dem Austausch mit den Mitmenschen und der Hilfsbereitschaft viel mehr Platz. 

Was Leo nebst Zimmermann neuerdings auch noch ist, ist Sandkastenbauer. Inti spielt jetzt vergnügt jeden Tag in seinem Bambus-Sandkasten mit seinen Bambus-Wekzeugen. Geplant sind noch weitere Babmus-Spielsaschen mit Wasserspielen. Wir sind gesapnnt.

Ich bin sehr, sehr stolz auf meinen vielfältigen, talentierten, herzensguten, fleissigen Mann Leo. Mit deinem Sein inspirierst du viele und ich hoffe, dass du dein Potential hier noch mehr ausleben kannst und wir uns der spontanität des Lebens richtig hingeben können und dürfen. In diesem Sinne: Es lebe die Spontanität!

Ay Caramba! Ecuador

Noch nicht einmal zwei Wochen sind wir hier und es gibt jetzt schon so viel erstaunliches was ich euch berichten möchte.

Das Poulet kommt nicht fein säuberlich abgepackt aus dem Laden, sondern wird von unserem Nachbarsjungen Johann rennend herübergebracht. Lastenia steckt es sogleich in den Waschtrog, da es so frisch ist, dass es noch blutet. Danach präpariert sie den Hahn (es ist dieses Mal kein Poulet) und nach einer Stunde ist die Hühnersuppe mitsamt schwimmendem Hühnerkopf und Hühnerfüssen bereit zum Verzehr. Hier wird ALLES verwertet und gegessen. Sogar der rote Kamm und wie erwähnt die Hühnerfüsse. Die Knochen bekommen dann die Hunde.

Hier wird allgemein jeden Tag Fleisch gegessen. Aber als Vegetarier oder Veganer kommt man nicht zu kurz. Das seht ihr dann im Blogeintrag über den Sonntagsmarkt in Baños.

Ich hoffe euch ist jetzt nicht schlecht und ihr möchtet doch noch andere erstaunliche Dinge von diesem vielfältigen Land lesen…

Leo und ich wollten im «Sub-Centro» (kleine Dorfklinik) nach einem Medikament fragen. Die Ärztin gab uns geduldig Auskunft. Unterdessen packte die Krankenschwester ihr Handy aus und fing an uns und unsere Unterhaltung zu filmen… Ich glaube, ich war die erste Europäerin, die einen Fuss in diese Klinik gesetzt hat. Ich war nicht nur etwas erstaunt, sondern auch irritiert. Im Sub-Centro gibt es die Möglichkeit sich impfen zu lassen, es gibt eine Zahnärztin, eine Gynäkologin und einen Arzt. Die medizinische Grundversorgung ist in öffentlichen Spitälern und Kliniken gratis.

Dann ist da noch das liebe Wetter. Wir erfharen in einem Tag etwa drei Jahreszeiten. Eigentlich wäre jetzt Sommer aber wie überall auf der Welt hat sich das Klima verändert. Nun gibt es hier viel mehr und intensiveren Regen.  Wie ihr auf den Fotos sehen könnt, ist das Dach wo wir momentan leben aus Wellblech angefertigt. In der ersten Nacht hier war das tröpfelnde Geräusch auf das Dach noch sehr beruhigen und fast schon romantisch. Aber wenn es hier richtig aus Kübeln schüttet, und das tut es oft, dann könnt ihr euch den Lärmpegel etwa so vorstellen wie wenn ihr ein Wellblech unter einen Wasserfall stellt und darunter steht und versucht zu sprechen oder geschweige denn zu schlafen. Es ist ein tosender Lärm und wir verstehen unsere eigenen Worte nicht mehr. Noch erstaunlicher ist für mich, dass dieser heftige Regen nicht wie bei uns bei einem Sommergewitter kurz andauert, sondern die gaaaaanze Nacht. Die Menschen aus Rio Negro können aber auch bei diesem Lärm gemütlich schlafen. Wenigstens höre ich dann Leo’s schnarcheln neben mir nicht mehr 😉

Nun kommen wir zum Hausbau. Momentan haben wir 3-5 Arbeiter angestellt. Hier wird wöchentlich der Lohn ausbezahlt und das Frühstück sowie das Mittagessen wird für die Leute gekocht und ist Teil des Lohnes. Sie erhalten 22 Dollar pro TAG. Wir essen immer alle zusammen. Es ist sehr familiär und humorvoll. Es wird viel gelacht. Vor allem über zweideutige Witze. Jetzt wisst ihr woher Leo das hat… 😉

Die Arbeiter, vorwiegend Cousins und ein Onkel von Leo, fangen um 7 Uhr an und beenden ihre Arbeit um ca. 16.30 Uhr. Die Einen oder Anderen haben dann noch einen Abendjob, damit das Geld für die ganze Familie reicht. Nur wenige Frauen arbeiten. Viele sind Hausfrauen. Erstaunlich, dass es so zum Überleben reicht, vor allem weil viele hier keinen fixen Job haben und immer Gelegenheitsjobs annehmen müssen. Manchmal sind sie einen Monat ohne Arbeit. Ich glaube, da können wir ein grosses Stück Gelassenheit von ihnen lernen…

Etwas erfreuliches ist noch passiert. Pablo, der Cousin von Leo (Sina, du kennst ihn) wurde am Freitag zum 1x Papi einer wunderschönen Tochter namens Gianna Monserrath. Nur nach einem Tag Spitalaufenthalt sind sie nach Hause gekommen. Wenn es keine grösseren Komplikationen gibt, bleiben die Frauen nur einen Tag im Spital. Auch gibt es in Ecuador keine Hebammen. Aber die Mütter, Tanten oder Cousinen helfen im Wochenbett der frisch gebackenen Mutter und dem Baby. Ich war sehr überrascht, dass hier, wenn Mutter und Kind zu Hause angekommen sind, sie sofort mit Besuchern überrennt werden. Auch läuft daneben lautstarck der TV und die Todmüde Mütter, welche knapp 19 Jahre alt ist,  schaut mit schläfrigem Blick wie ihr Baby von Arm zu Arm gereicht wird und es fast schon Partystimmung herrscht. Es ist ein lebendiger Trubel. Also kein sanftes, ruhiges Ankommen. Aber so ist Ecuador. Farbig, chaotisch, irritierend, fröhlich und lebhaft. Ay caramba! Ecuador

Bienvenidos a Rio Negro

Endlich sind wir in unserem neuen zu Hause angekommen. Das heisst, solange unser Haus noch nicht fertig ist, wohnen wir bei Dario, dem Bruder von Leo. Dort haben wir ein kleines Zimmer und dürfen alles mitbenützen. Normalerweise wohnt Lastenia, die Mutter von Leo in diesem Zimmer, aber für die Zeit in der wir noch nicht in unser Haus einziehen können, kann sie bei einem Freund übernachten. Den Tag durch ist sie aber bei uns im Haus und bekocht uns mit köstlichen ecuadorianischem Essen. Wir werden sehr verwöhnt. Ausgerechnet bei unserer Ankunft hatte dieser Teil des Dorfes einen Stromausfall. Also nix gewesen mit einer lang ersehnten, warmen Dusche. Zum Glück hat Leo vor der Abreise noch eine gute Taschenlampe gekauft. Nicht nur das Licht, sondern auch der Kühlschrank funktionierte nicht. Da die Menschen hier immer noch mit Gas kochen, konnten wir wenigstens warm essen. Erst nach 24h hatten wir dann endlich wieder Elektrizität. Die grösste Sorge der Leute hier war nicht der auftauende Kühlschrank, sondern, dass sie ihr Handy nicht aufladen konnten. Auch hier hat die Digitalisierung einzug gehalten und alle besitzen ein Smartphone.

Der Strom kommt von nahegelegenen Wasserkraftwerk aber dieser Vorfall war ein klares Zeichen, dass wir zu einem späteren Zeitpunkt unser Dach mit Solarpannels ausrüsten wollen, um unabhängig zu bleiben.

Nicht nur die Mutter und der Bruder wohnen hier im Haus sondern um das Haus herum auch die vier Hunde Manchas, Negra, Cuiquita und Trump. Inti hat riesen freude an den vier Hunden. Ironischerweise wurde Inti ausgerechnet vom beleidigten, braunen Dackel Trump in den Arm gebissen. So durften wir schon am 2. Tag  bekanntschaft mit dem Spital machen. Inti geht es aber gut und er weiss jetzt, dass mit kleinen gehässigen Hunden nicht zu spassen ist.